Die europäische Fälschungsschutzrichtlinie FMD 2011/62/EU

Arzneimittelfälschungen, die in die europäische Lieferkette eindringen, stellen ein großes Gesundheits- und Sicherheitsrisiko für Patienten dar. Darüber hinaus schätzt das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (European Union Intellectual Property Office, EUIPO), dass die legale Arzneimittelbranche jährlich etwa 10 Mrd. Euro Einnahmen durch gefälschte Arzneimittel auf dem EU-Markt verliert – das sind 4,4 % des Gesamtumsatzes der Branche.

Zur Bekämpfung dieser Geißel hat die Europäische Union (EU) die Richtlinie 2011/62/EU oder Fälschungsschutzrichtlinie (Falsified Medicines Directive, kurz FMD) verabschiedet, die Arzneimittelhersteller (egal ob Zulassungsinhaber oder Auftragshersteller) und ihre Lieferkettenpartner ab Anfang 2019 einhalten müssen.

Geltungsbereich der Fälschungsschutzrichtlinie

Die Richtlinie gilt für alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel (mit Ausnahme der auf der White List aufgeführten), die meisten nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel sind nicht betroffen. Die Anforderungen der Fälschungsschutzrichtlinie werden sich auf die gesamte Lieferkette auswirken, von Herstellern und Auftragsherstellern (Contract Manufacturing Organizations, CMOs) über Großhändler, Distributoren und Parallelhändler bis hin zu Einzelhandelsapotheken und Arzneibestellern.

Die Fälschungsschutzrichtlinie tritt im Februar 2019 für alle Mitglieder der Europäischen Union in Kraft, einschließlich Ländern wie Island und Liechtenstein und höchstwahrscheinlich auch der Schweiz. Trotz Brexit wird sich Großbritannien voraussichtlich ebenso an die Fälschungsschutzrichtlinie halten. Länder, die bereits eine Art von Serialisierungs- und/oder Rückverfolgungssystem eingerichtet haben, wie Belgien, Italien und Griechenland, werden bis 2025 Zeit haben, um ihre Systeme auf den europäischen Ansatz abzustimmen.

Serialisierungs- und Codieranforderungen für den europäischen Markt

In Europa müssen nur verkaufsfähige Einheiten identifiziert und serialisiert werden. Für eine einheitliche, für alle verständliche „Serialisierungssprache“ wurden GS1-Standards für europäische Seriennummern gewählt. GS1-Standards werden weltweit für die eindeutige Identifikation von Produkten genutzt. Informationen wie die globale Artikelidentnummer (Global Trade Item Number, GTIN), Seriennummer, Chargennummer und Verfallsdatum des verpackten Medikaments müssen in einem 2D-Barcode bzw. Datenmatrix sowie in visuell lesbarem Format zur Verfügung gestellt werden.

Seriencodes können beim CMO/Verpackungsdienstleister vor Ort durch algorithmische, randomisierte oder inkrementelle Methoden generiert werden, oder von Behörden oder Kunden gesendet werden. Die Seriennummer enthält maximal 20 Stellen und muss bis ein Jahr nach Produktverfallsdatum eindeutig sein. Das heißt, Ihre Serialisierungslösung muss in der Lage sein, eine enorme Datenmenge zu generieren, auszutauschen und zu speichern. Stellen Sie also sicher, dass Sie sich für eine hochskalierbare Lösung entscheiden. Das ist auch von Vorteil, wenn Sie die Produktion ausweiten möchten oder wenn Sie als CMO auf der Suche nach neuen Kunden sind. In Zusammenhang mit der großen Anzahl an generierten, gespeicherten und ausgetauschten Daten sollten Sie nicht vergessen, dass es auch Datenschutz- und Datenspeicherungsbestimmungen gibt, die sich von Land zu Land unterscheiden können. Ihre Lösung muss auch mit diesen konform sein.

Eine der größten Compliance-Herausforderungen für Zulassungsinhaber (Marketing Authorization Holders, MAHs) und für CMOs liegt in der relativen Flexibilität der Richtlinie 2011/62/EU, die Raum für länderspezifische Anforderungen lässt. So können einige Länder verlangen, dass nationale Erstattungsnummern auf Verpackungen gedruckt werden, und wiederum andere erwarten möglicherweise Herstellungsdaten usw. Das bedeutet, dass Sie auf der einen Seite Druckvorrichtungen benötigen, die mit verschiedenen Druckmasken zurechtzukommen. Auf der anderen Seite sollte Ihre Serialisierungslösung ebenfalls in der Lage sein, diese unterschiedlichen Anforderungen ohne viele Probleme während der Umstellung zu verwalten. Eine zentral konfigurierbare Lösung, mit der Sie Anforderungen auf Standortebene definieren und dann einfach die vorkonfigurierten Parameter an die jeweiligen Verpackungslinien übermitteln können, kann hier sehr nützlich sein.

Darüber hinaus sollten Sie wissen, ob Ihre Stakeholder und Lieferkettenpartner eine Serialisierung auf zusätzlichen Verpackungsebenen anordnen und Aggregation einschließen, denn dies erhöht die Komplexität für den Hersteller zusätzlich. Auch wenn das heute noch nicht der Fall sein mag, so ist eine Serialisierungslösung, die zugleich schon standardmäßig Aggregationsfunktionen bietet oder leicht aufgerüstet werden kann, doch von entscheidender Bedeutung. Denn CMOs, die nicht für die Aggregation bereit sind, werden nur schwer neue Kunden gewinnen können. Auch für Zulassungsinhaber, die nicht aggregieren können, ist der Zugang zu neuen Märkten mit Aggregationsbedarf eingeschränkt.

Berichterstattungsanforderungen der Fälschungsschutzrichtlinie

Vertrieb usw.) und Serialisierungsdaten einschließlich Produktcodes, Chargennummer, Verfallsdatum und Seriennummern usw. an einen EU-Hub sowie das nationale System im Herstellungsland melden. Ereignisse wie Rückrufe, Aggregation, Außerbetriebnahme und Wiederinbetriebnahme müssen ebenfalls auf sichere Weise im erforderlichen Format gemeldet werden.

FAZIT

Wie wir gesehen haben, geht es nicht nur um Serialisierung. Sie müssen auch auf sich ändernde und neue Vorschriften sowie die Anforderungen von Kunden und Ihrer Lieferkettenpartner vorbereitet sein. Davon abgesehen: Selbst wenn die Fälschungsschutzrichtlinie einen Versuch zur Harmonisierung der Serialisierungsgesetzgebung in der Europäischen Union darstellt, bleiben immer noch einige nationale Ausnahmen bestehen.

Sie benötigen nicht nur eine Serialisierungslösung, die den aktuellen Anforderungen entspricht (und das nicht nur in Bezug auf die Serialisierung, sondern potenziell auch in Bezug auf die Einhaltung von Aggregations-, Datensicherheits- und Datenaustauschvorgaben), sondern sollten auch sicherstellen, dass Ihre Serialisierungslösung flexibel und skalierbar ist, damit sie auch wirklich zukunftsfähig ist. Und warum sollte man sich nicht für eine Lösung entscheiden, die über Compliance hinausgeht? Mehr dazu, wie Sie Ihre Serialisierungslösung in eine Business-Intelligence-Lösung verwandeln, erfahren Sie in einem unserer nächsten Blogbeiträge. Sie können aber schon jetzt einen Blick auf dieses Video werfen, in dem erklärt wird, wie Sie das Beste aus dem digitalen Profil Ihrer Produkte herausholen können.